Beschreibung

Predigt Spiegelbild Gottes - Christtag 2020

Evangelium: Johannes 1,1-14

 

Eine Kirche bekam eine neue Weihnachtskrippe. Sie wird als etwas Besonderes angekündigt. Ganz große aufgeklebte Fußspuren am Boden führten in die Kirche hinein und dort direkt zur neuen Krippe. Die Krippe stand ziemlich tief, dass man sich ordentlich übers Schutzgeländer beugen musste, um alles in der Krippe gut zu sehen. Zur Überraschung erblickte ein jeder im Stall nicht das Jesuskind, sondern das eigene Gesicht. Die Krippe war leer, nur am Boden lag ein großer Spiegel.

Viele Kinder sahen den Spiegel als einen Gag, einige Erwachsene ärgerten sich. Provokation! Skandal! Jetzt wird sogar das Jesuskind aus der Krippe verdrängt und durch den Menschen ersetzt. Einige verstanden die gut gemeinte Absicht, mit dem Spiegel eine tiefe Wahrheit von Weihnachten auszudrücken., nämlich: Gott ist Mensch geworden und deshalb spiegelt jedes menschliche Gesicht das göttliche Antlitz wider.

 

Wer ist Gott, was ist der Mensch? Was sind die Auswirkungen der Menschwerdung Gottes auf den Menschen? Worin liegt die heilsame Verbindung zwischen dem menschgewordenen Gott, den wir heute feiern, und uns Menschen, die wir Gotteskinder sind und mit unserem Gesicht das göttliche Antlitz widerspiegeln.

 

Prolog des Johannesevangeliums

Das große Weihnachtsevangelium vom heutigen Christtag zeigt sehr schön die heilsame Verbindung zwischen Gott und Mensch.

 

Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.

(V 1-2)

Ist das nicht heilsam! Der Blick in die große Heilsgeschichte der Welt. Jesus, das Wort, ist von Anfang an Gott. Der Start der Welt ist wunderbar.

 

Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden. (V 9)

Mit der Geburt Jesu kommt der große Einschnitt in die Heilsgeschichte: Jesus kommt in die Welt als das Licht schlechthin, jenes Licht, das jeden Menschen erleuchtet. Der christliche Glaube darf sich darauf verlassen, dass Gott Mensch geworden ist und die Menschen erleuchten will.

 

Aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. (V 10-11)

 

Ich muss euch nichts Großes verraten, wenn ich sage: Trotz Heilsgeschichte ist unsere Welt immer auch eine Unheilgeschichte. Leider!

Wir spüren alle selber, wie schwierig es ist, das göttliche Licht zu sehen und sich von ihm erleuchten zu lassen. Gott aufzunehmen benötigt auch die Bereitschaft, die Tür zu öffnen.

Wir Menschen haben wohl auch Angst, dass Gott uns etwas wegnimmt.

Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir es deswegen bevorzugen, selber Gott zu spielen und uns nicht dreinreden zu lassen. Ich erkläre mich selbst als Gott und meine, dass damit die Probleme leichter gelöst sind.

Das ist eine heillose Überforderung, das erinnert mich an Menschen, die sich nicht helfen lassen und alles selber tun wollen.

 

Zwei gute Nachrichten

Vor einigen Jahren haben die netten Kinder einer befreundeten Familie ihrem Vater zum Geburtstag ein T-Shirt geschenkt, auf dem folgendes draufstand: Papa, wir haben zwei gute Nachrichten:

  1. Gott existiert
  2. Du bist es nicht

Sie wollten damit wohl sagen, dass sich der Papa nicht allzu viele Sorgen um sie machen muss. Er gibt ja Gott. Deshalb ist es nicht notwendig, dass er meint, alles tun zu müssen. Ja, es tut unserer Welt wohl, dass der Mensch nicht Gott sein muss. Auch bei Hochzeitsansprachen sage ich manchmal: Ihr müsst füreinander nicht Gott sein, das wäre eine heillose Überforderung.

 

Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden. (12)

Durch die Menschwerdung Gottes werden wir zu Kindern Gottes. Deshalb ist der Spiegel in der Krippe mehr als ein Gag oder eine Provokation:

Er ist die Einladung, besonders im Menschen die Spuren Gottes zu sehen.

Schauen Sie die Gesichter ihrer Angehörigen an. Entdecken Sie bei den Menschen, die mit ihnen Tag für Tag das Leben teilen, Spuren der Göttlichkeit.

Und schauen Sie auch Ihr eigenes Gesicht im Spiegel. Und staunen Sie dankbar darüber, dass auch in Ihrem Gesicht das Lächeln des Kindes von Bethlehem wahrgenommen werden kann.

Details
  • Datum: 25. Dezember 2020
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Johannes 1,1-17