Beschreibung

Predigt Das Herz von Jenin und das Herz aus Tirol

Evangelium: Lukas 15,3-7, Herzjesu Sonntag 2025

 

 

Ich habe diese Woche wieder einmal den Film „Das Herz von Jenin“ angeschaut. Der Film erzählt eine wahre Begebenheit, die sich genau vor 20 Jahren im Jahr 2005 ereignet hat. Der 12jährige Ahmed Khatib lebt im Flüchtlingslager Jenin. Er ist Palästinenser. Im Flüchtlingslager gibt es immer Razzien, israelische Soldaten dringen ein, weil sie Terroristen vermuten. Bei so einer Razzia läuft der 12jährige Khatib mit einer Spielpistole den israelischen Soldaten entgegen, sie denken, dass er eine richtige Waffe in der Hand hat und schießen auf ihn. Der Bub ist schwer verletzt und wird sofort in ein israelisches Krankenhaus eingeliefert. Die Ärzte können leider nicht helfen, sie müssen den Gehirntod feststellen. Ismael, der Vater des Buben, wird sofort ins Krankenhaus gerufen. In einem beeindruckenden Gespräch reden die Ärzte mit ihm über die Lage des Sohnes und fragen, ob er sich vorstellen kann, dass die Organe des Buben an andere Kinder gespendet werden. Der Vater telefoniert mit seiner Frau und sie stimmen zu.

So bekommt Mohammad eine Niere. Er ist ein kleiner Beduinenjunge aus der Negev-Wüste. Auch Samah, ein drusisches Mädchen aus dem Norden Israels, bekommt ein Organ des Buben. Auch Menuha, die Tochter einer jüdisch orthodoxen Familie bekommt ein Organ des Buben. Nachdem ihr Vater erfährt, dass das Spenderorgan von einem arabischen Kind stammt, äußert er sich zunächst sehr abfällig. Dies führt zu einer schwierigen Begegnung mit Ismael, dem Vater des getöteten Buben Ahmed.

In den Monaten nachher kommt es im Flüchtlingslager Jenin zu weiteren Ausschreitungen. Trotzdem setzt sich Ismael für Versöhnung ein und gründet ein Friedenshaus für Kinder, damit sie nicht Gewalt üben, sondern Frieden.

Zwei Jahre nach dem Tod von Ahmed beschließt Ismael, die Familien der Kinder zu besuchen, die ein Spenderorgan seines Sohnes erhalten haben. Er hofft, dabei zu erleben, dass und wie sein Sohn weiterlebt. Die Begegnungen mit der Familie des Beduinenbuben und des drusischen Mädchens gelingt sehr freudig und unkompliziert. Aber wie kann und soll das Treffen in Jerusalem mit der strengen jüdisch orthodoxen Familie geschehen. Bei der Begegnung spürt man sofort die Unsicherheit und auch die Angst voreinander. Der jüdische Vater bedankt sich, Ismael bekommt Kaffee und auch ein Geschenk. Beim Gespräch wird es aber bald schwierig und peinlich, weil beide sich gegenseitig vorwerfen, warum sie nicht auswandern, um eine feiner zu haben. So verlässt Ismael bald das jüdische Haus.

Er kehrt nach Jenin zurück und verteilt an die Kinder dort Schultaschen und andere dGeschenke, die er von den drei Familien mitbekommen hat.

 

Mich beeindruckt dieser Film. Er ist berührend und gleichzeitig realistisch. Er zeigt einen Vater, der nicht in Rache und Hass verfällt, sondern sich trotz allem für Versöhnung einsetzt. Er zeigt sogar im Augenblick der größten Tragödie menschliche Gesten.

 

Das Herz von Tirol

Warum erzähle ich zum Herzjesu Fest diese wahre Begebenheit aus dem Hl. Land?

Gott sei Dank leben wir nicht in so spannungsgeladenen Situationen wie Ismael. Trotzdem gibt es auch bei uns genug Situationen, in denen wir bewusst oder unbewusst entscheiden müssen. Entscheide ich mich wie Ismael für Schritte der Versöhnung oder speichere ich meine Verletzungen wie eine Waffe gegen andere? Habe ich ein weiches verletzbares Herz oder ein versteinertes besserwisserisches Herz? Mache ich bei Hetzereien gegen Einzelpersonen und Gruppen mit oder versuche ich, genauer hinzuschauen?

Zu Herz Jesu geht es darum, dass in Tirol nicht nur die Berge mit den Bergfeuern brennen, sondern dass unsere Herzen brennen, dass versteinerte Herzen aufgeweicht und verletzte Herzen geheilt werden.

 

Herz Jesu

Das beste Vorbild dafür haben wir im Herzen Jesu. Zu Herz Jesu schauen wir auf sein Herz und versuchen, seinen Herzschlag zu spüren und ihn zu unserem Herzschlag zu machen.

Wenn wir heute in den Bibelworten vom guten Hirten hören, der das verlorene Schaf sucht, dann ist die Haltung klar. Jesus geht den schwierigen Menschen nach und sagt nicht: „Selber schuld!“ „Am besten fernhalten, dann habe ich meine Ruhe.“

Die Worte der Lesung zeigen den großen Plan Gottes, der die Jahrhunderte der Heilsgeschichte geprägt hat und prägen wird: Das Verlorene werde ich suchen, das Vertriebene werde ich zurückbringen, das Verletzte werde ich verbinden, das Kranke werde ich kräftigen. Doch das Fette und Starke werde ich vertilgen. (Ezechiel 34,15)

 

Herz Jesu heißt, ein Herz für die Menschen zu haben, und zwar nicht nur für jene, ich die ich verliebt bin oder die ich sympathisch finde, sondern auch für schwierige Menschen. Herz Jesu heißt vernetzen statt hetzen.

Derzeit triften in unserer Gesellschaft die einzelnen Gruppen immer mehr auseinander, wir leben alle in unseren Bubbles. Das ist auf Dauer gefährlich.

Ein Herz zu haben ist nicht nur etwas für verliebte Stunden, sondern Grundhaltung, um Herz und Wärme in unsere oft so kalte Gesellschaft zu bringen.

 

Im Blick auf offene Herz Jesu, „aus dessen Seitenwunde die Sakramente der Kirche entspringen“ (Präfation vom Herzjesu Fest) dürfen wir beten:

Für alle Menschen, die ein hartes Herz haben,

 dass sie mehr Mitgefühl zeigen können.

Für alle, die ein trauriges Herz haben,

 dass sie von frohen Menschen angesteckt werden.

Für alle, die etwas auf dem Herzen haben,

 dass ihnen Menschen begegnen, die ihnen zuhören.

Für alle, die ein verschlossenes Herz haben,

dass sie es für dich und deine Liebe öffnen.

Für alle, deren Herz aufgehört hat zu schlagen,

dass sie bei dir glücklich sind.

Details
  • Datum: 27. Juni 2025
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Lukas 15,3-7