Beschreibung

Predigt Bibelworte wie Vollkornbrot gut kauen

Messe in Oberlienz übertragen in Radio Ö2 am 22. Jänner 23

 

Vor Jahren fragte ein Tiroler Pfarrer den zehnjährigen Peter, einen klugen und fleißigen Ministranten: „Passt du bei der Hl. Messe auf, wenn die Lesung und das Evangelium aus der Bibel vorgelesen werden?“ Der Bub Peter antwortete, ohne lange herumzureden: „Nein! Das von Jesus kenne ich schon auswendig und das vom Apostel Paulus verstehe ich sowieso nicht.“

 

Wie würden Sie auf die Frage antworten: „Passen Sie bei der Hl. Messe auf, wenn die Lesung und das Evangelium vorgelesen werden?“

Können Sie beim Zuhören einige wichtige Worte herausgreifen, diese wie einen Leckerbissen genießen und wie eine Jause mit nach Hause nehmen?

Oder rauschen bei Ihnen die Bibelworte eher vorbei wie ein LKW auf der Straße oder wie ein Zug am Bahnhof?

 

Bibelworte wie Vollkornbrot gut kauen

Für mich ist klar und wichtig: Bibelworte sind Nahrung für Leib und Seele, sie sind aber kein Schnelldrink und auch keine süße Sachertorte. Sie gleichen eher einem Vollkornbrot, das ich gut kauen muss, damit ich den ganzen Geschmack spüren und genießen kann.

Mir hilft hier eine Anregung der alten Kirchenväter. Diese sagen, wir müssen die Bibelworte wiederkäuen, wie es die Kuh mit dem Gras macht. Bekanntlich legt sich die Kuh nach dem Fressen nieder und los geht’s mit dem Wiederkäuen. Also starten wir als christliche Kühe mit dem Wiederkäuen der heutigen Bibelworte.

 

Prophetische Worte des Propheten Jesaja

Ich beginne mit dem Wiederkäuen bei der ersten Lesung aus dem Propheten Jesaja.

Land Sebulon und Land Naftali. Nie gehört. Was ist etwa damit gemeint?

Kauen. Kauen.

Sebulon und Naftali sind zwei Stämme Israels, die am Nordufer vom See Gennesaret wohnen. Sie wurde oft von fremden Völkern erobert und zerstört, so auch zur Zeit des Propheten Jesaja.

Kauen. Kauen.

Und was soll sich jetzt ändern? Hier setzt die prophetische Zusage an:

Das Volk, das in der Finsternis ging, sah ein helles Licht;
Denn sein drückendes Joch und den Stab auf seiner Schulter,

den Stock seines Antreibers zerbrachst du.

Ist euch klar, was diese prophetischen Worte bedeuten? Der Krieg damals hat nicht das letzte Wort. Auch der Krieg heute in der Ukraine hat nicht das letzte Wort.

 

Solche Worte zu kauen, bedeutet, die Bibel ernst nehmen. Wir dürfen diese Worte nicht nur als fromme Sätze abtun, sondern müssen und dürfen ihre Kraft ernst nehmen, die Kraft der Liebe, der Gerechtigkeit, des Friedens.

 

Papst Johannes Paul besuchte auf einer seiner vielen Reise auch Peru. Dort kam ein Indianerhäuptling auf ihn zu, gab ihm eine alte Bibel zurück, welche die Eroberer den Indianern vor 400 Jahren gebracht hatten, und sagte: "Meine indianischen Brüder werden von schlechten Christen oft ausgebeutet. Wir sind seit jeher Opfer der Erniedrigung und des Rassismus. … Ich gebe die Bibel zurück. Sie hat uns während Jahrhunderten weder Liebe, noch Frieden, noch Gerechtigkeit gebracht. Der Papst soll sie zurücknehmen und unseren Unterdrückern aushändigen. Denn ihre Herzen und Gehirne brauchen die biblische Lehre am meisten."

 

Mahnende Worte des Apostel Paulus

Ich komme zur 2. Lesung, zu den Worten des Apostels Paulus.

Ich ermahne euch im Namen unseres Herrn Jesus Christus:

Seid alle einmütig und duldet keine Spaltungen unter euch;
seid vielmehr eines Sinnes und einer Meinung!

Diese Worte gleichen dem täglichen Brot: Hier kann ich nur sagen: Unser tägliches Brot gib uns heute. Dann kommt ein Brocken, der gut gekaut werden muss.

Es wurde mir nämlich berichtet, dass es Streitigkeiten unter euch gibt.
Ich meine damit, dass jeder von euch etwas anderes sagt: Ich halte zu Paulus -ich zu Apollos -ich zu Kephas -ich zu Christus. Ist denn Christus zerteilt?

Der überzeugte Apostel Paulus sieht die Spannungen unter den Christen in Korinth. Und er kennt die Lösung: Vergesst in der Hitze eures Gefechtes nicht, wer die Mitte ist, nämlich Jesus Christus.

Wir feiern derzeit die Weltgebetswoche für die Einheit der Christen. Die Zertrennung der Christenheit ist ein Skandal vor der Welt.

 

Jesusworte aus dem Evangelium

Ich komme zum Menü Jesusworte, das wir mit Freude essen dürfen. „Mir gefällt die Geschichte, in der Jesus seine Jünger kennenlernt und zu ihnen sagt: Werdet zu Menschenfischern!“ So hat ein Kind heute am Beginn der Messe gesagt.

 

Jesus kommt nach Sebulon und Naftali und wirkt dort als jenes Licht, das von Jesaja angekündigt wurde. Ich bitte euch die Worte, die Jesus heute im Evangelium spricht, oft zu kauen und zu genießen:

Kehrt um. Denn das Himmelreich ist nahe.

Kommt her, mir nach. Ich werde euch zu Menschenfischern machen.

 

Damit sich das Licht in die ganze Welt hinein ausbreitet, beruft Jesus seine Jünger. Mir wird dabei immer klarer: Ein Christ und eine Christin sollen viel von Jesus wissen. Dabei geht es nicht um schöne Geschichten von Jesus, auch nicht darum, einfach seine Fans zu sein, sondern aus der freundschaftlichen Beziehung mit Jesus zu leben.  Die Bibel hilft dabei.

 

Liebe christliche Wiederkäuer hier in unserer Pfarrkirche Oberlienz und an den Radiogeräten. Haben Sie den Mut und die Ausdauer, Bibelworte gut wiederzukäuen, dann werden sie Nahrung für Leib und Seele. Probieren Sie es!

Details
  • Datum: 21. Januar 2023
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Matthäus 4,12-23