Predigt Erntedank mit dem Sonnengesang des Hl. Franziskus
Description
Predigt Erntedank 2025. 800 Jahre Sonnengesang des Hl. Franziskus
Lesung: Galater 6,14-18; Evangelium: Mt 11,25-30
Erntedank – was für ein wichtiges und schönes Fest. Allein die bunten Farben der Früchte erfreuen das Auge und stärken hoffentlich auch unsere Dankbarkeit.
Ich möchte heute meinen Dank mit dem Sonnengesang des Hl. Franziskus zum Ausdruck bringen. Der Grund ist ganz einfach: Franziskus war von der Natur und den Spuren Gottes begeistert. Genau vor 800 Jahren – im Jahr 1225 – dichtete er den Sonnengesang, dieses wunderbare Erntedanklied und Loblied auf Gott. Das Lied „Höchster allmächtiger und guter Gott“ im Gotteslob (Nr. 864) greift großteils den Text des Sonnengesangs auf.
Sonnengesang
Der Sonnengesang ist ein Lied mit acht Strophen, die jeweils mit „laudato si“ beginnen. Das Lied „Laudato sii“ verwendet diese Worte.
Die 33 Zeilen im Urtext erinnern an die 33 Lebensjahre Jesu.
Zuerst lobt Franziskus Gott selbst. Dann treten Sonne, Mond und Sterne zum Lobpreis an. Anschließend werden Erde, Wasser, Feuer, Luft aufgefordert, Gott zu loben. Das Gebet endet mit dem Lob an Gott durch verzeihende Menschen und den Tod.
Hier der gesamte Text des Sonnengesangs (Übersetzung von Leonhard Lehmann) und fünf Besonderheiten dazu
Lob an Gott
Höchster, allmächtiger, guter Herr, dein sind das Lob, die Herrlichkeit und Ehre und jeglicher Segen. Dir allein, Höchster, gebühren sie, und kein Mensch ist würdig, dich zu nennen.
Der Hl. Franziskus liebte die Natur und die Blumen und die Tiere. Aber er vertritt keine liebliche Naturromantik. Für ihn ist klar: Der Lobpreis gehört Gott, dem Schöpfer der Dinge. Für mich ist spannend, mit welchen Worten Franziskus hier Gott anredet. Er bezeichnet ihn als höchsten, allmächtigen und guten Herrn, dem allein Herrlichkeit und Ehre gebühren. Gott ist für ihn unendlich groß und gleichzeitig ganz klein. Er kommt als kleines Kind und liefert sich uns Menschen aus. Er stirbt für uns am Kreuz und unterbricht die Spirale der Gewalt. Er schenkt sich uns bei der Hl. Messe in einem kleinen Stück Brot. Es wundert mich nicht, dass Franziskus diesen großen kleinen Gott lobt.
Sonne als Sinnbild für Gott
Gelobt seist du, mein Herr, mit allen deinen Geschöpfen, zumal dem Herrn Bruder Sonne, welcher der Tag ist und durch den du uns leuchtest. Und schön ist er und strahlend mit großem Glanz: Von dir, Höchster, ein Sinnbild.
Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Mond und die Sterne; am Himmel hast du sie gebildet, klar und kostbar und schön.
Die drei Gestirne am Himmel – Sonne, Mond und Sterne- loben Gott. Franziskus vergleicht die Sonne mit Gott in ihrer Schönheit und Macht. Ohne Sonne und Gott gibt es kein Leben, ohne Sonne und Gott ist es dunkel, ohne Sonne und Gott erfriert der Mensch und jedes Lebewesen.
Geschwister, die gemeinsam Gott loben
Gelobt seist du, mein Herr, durch Bruder Wind und durch Luft und Wolken und heiteres und jegliches Wetter, durch das du deinen Geschöpfen Unterhalt gibst.
Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Wasser, gar nützlich ist es und demütig und kostbar und keusch. Gelobt seist du, mein Herr, durch Bruder Feuer, durch das du die Nacht erleuchtest; und schön ist es und fröhlich und kraftvoll und stark.
Gelobt seist du, mein Herr, durch unsere Schwester, Mutter Erde, die uns erhält und lenkt und vielfältige Früchte hervorbringt und bunte Blumen und Kräuter.
Nach den Gestirnen am Himmel treten die vier Elemente der Erde zum Lobpreis an.
Wohlgemerkt: Im Sonnengesang danken nicht wir Menschen Gott für die Sonne, die Erde und die Blumen, sondern diese selbst loben und danken Gott.
Mir gefällt, dass Franziskus diese als Bruder und Schwester der Menschen bezeichnet. Die Schöpfung ist für nicht ein Gegenstand, den ich nütze und ausbeute, sondern die als meine Geschwister vor und durch Gott mit mir eng verbunden ist.
Fähigkeit zu Verzeihen
Gelobt seist du, mein Herr, durch jene, die verzeihen um deiner Liebe willen und Krankheit ertragen und Drangsal. Selig jene, die solches ertragen in Frieden, denn von dir, Höchster, werden sie gekrönt.
Spannend finde ich, für welche Eigenschaft des Menschen Franziskus besonders dankt. Es ist die Fähigkeit zu verzeihen. Die Strophe hat einen konkreten Hintergrund: Der Bischof und der Bürgermeister von Assisi waren unversöhnlich in Hass und Streit geraten. Franziskus lädt sie beide zu sich ein und sie kommen. Zwei Brüder singen den Sonnengesang mit der neuen Strophe von der Versöhnung, die ihr noch zusätzlich geschrieben hat. Das Wunder geschieht, es gelingt Versöhnung. Franziskus weiß, wie herausfordernd und radikal Versöhnung ist. So dichtet er: Gelobt seist du, mein Herr, für alle, die verzeihen aus Liebe zu dir. Vergebung gelingt demnach nicht aus eigener Motivation und Leistung, wohl aber aus Liebe zu Gott. Das ist die große Chance und das Angebot in der Nachfolge Jesu.
Bruder Tod
Gelobt seist du, mein Herr, durch unsere Schwester, den leiblichen Tod; ihm kann kein Mensch lebend entrinnen. Wehe jenen, die in tödlicher Sünde sterben. Selig jene, die er findet in deinem heiligsten Willen, denn der zweite Tod wird ihnen kein Leid antun.
Kurz vor seinem Tod fügt Franziskus eine Strophe hinzu, in der sogar der Tod aufgefordert wird, Gott zu loben. Am Sterbebett lässt er sich von seinen Brüdern diese Strophe und den ganzen Sonnengesang vorsingen. Mit diesen Worten will er sterben.
Franziskus spricht vom doppelten Tod. Der erste Tod ist der irdische Tod, die Trennung von Leib und Seele. Dieser ist für ihn wie eine Schwester, die ihn zu Gott begleitet und führt. Er ist nicht Feind, sondern Freund. Vor dem zweiten Tod hingegen warnt Franziskus. Dieser ist die ewige Trennung von Gott nach der Auferstehung. So bittet und ringt er, dass wir uns von Gott suchen lassen und den Kontakt mit Gott nicht abbrechen. Ja, der Sonnengesang ist nicht nur ein liebliches und stimmungsvolles Lied. Es geht um das Entscheidende im Leben.
Der Sonnengesang endet mit einer neuerlichen Aufforderung, als Mensch Gott zu loben. So schließt sich der Kreis mit dem Anfang. Der Sonnengesang kann auch als poetisch dichtes Glaubensbekenntnis des Heiligen Franziskus angesehen werden.
Lobt und preist meinen Herrn und dankt ihm und dient ihm mit großer Demut.
Details
- Date: 4. Oktober 2025
- Preacher: Franz Troyer
- Passage: Matthäus 11,25-30