Beschreibung

Predigt Fronleichnam 2019

Lesung: 1 Korinther 11,23-26; Evangelium: Lukas 9,11-17

 

Ein Arzt ist im hohen Alter verstorben. Er hat drei Söhne.

Einige Zeit nach dem Tod öffnen die drei Söhne den Glasschrank, in dem der Vater seine wichtigsten und wertvollsten Erinnerungsstücke aufbewahrt hat: wertvolle Gläser, Porzellan, Reiseandenken, ein Geschenk seiner Frau.

Im untersten Fach finden sie einen merkwürdigen, harten, grauen Klumpen. Sie nehmen ihn heraus, greifen ihn an und stellen fest: das ist ein uraltes vertrocknetes Stück Brot. Sie denken sich: Was soll etwa das, wie kommt dieses Stück Brot zu den großen Kostbarkeiten unseres Vaters. Sie fragen nach und erfahren folgendes:

 

In den Hungerjahren am Ende des Krieges war ihr Vater selbst sehr krank und schwach. Ein Arztkollege redete auf ihn ein, dass er essen muss und kräftige Nahrung braucht. Aber woher sollte er in dieser Hungersnot die kräftige Nahrung nehmen?

Da brachte ein Freund des Arztes ein Stück Bauernbrot. Dem Arzt kamen die Tränen, als er es in den Händen hielt.

Als der Freund gegangen war, wollte er es nicht essen, sondern schickte es der Familie ins Nachbarhaus, deren kleine Tochter krank war: „Das junge Leben des Kindes braucht es notwendiger als ich.“ sagte er kurz und bündig.

Die Frau im Nachbarhaus aber trug das Stück Brot zu der alten Flüchtlingsfrau, die in ihrem Haus ganz oben unterm Dach wohnte und noch völlig fremd war. Die brachte es zu ihrer Tochter, die mit zwei kleinen Kindern in einem Keller hauste. Und die erinnerte sich an den lieben Arzt, der ihre kranken Kinder vor kurzem kostenlos behandelt hatte und von dem sie hörte, dass er jetzt selber krank und schwach war.

Der Arzt erkannte das Brot sofort und war tiefbewegt: „Wenn es das noch gibt, dass Menschen ihr letztes Stück Brot miteinander teilen, mache ich mir keine Sorgen um uns alle.“ meinte er. „Dieses Brot hat viele Menschen satt gemacht, ohne dass einer davon gegessen hat. Es ist ein heiliges Brot.“ Er legte das Stück Brot zu seinen wertvollsten Sachen in den Glasschrank. Wer weiß, wie oft der Arzt das Brot später noch nachdenklich angeschaut hat und Kraft und Hoffnung erfahren hat.

 

Die Söhne spürten, dass ihnen der Vater in diesem alten Stück Brot näher war als in den teuren Möbeln und angesammelten Kunstschätzen. Hier hielten sie sein Vermächtnis in Händen.

 

 

 

Warum erzähle ich von diesem Stück Brot, dass dem Arzt so wichtig geworden war und das er als sein geistliches Testament hinterlassen hat?

  • Dieses Brot brachte etwas in Bewegung und ermöglichte, dass die Kraft des Teiles stärker wurde als der ängstliche Blick, ob ich wohl genug habe.
  • Dieses Brot erinnert an ein Brot, dass in der Hl. Messe tausenden und abertausenden zur Nahrung wurde.

Das Stück Brot des verstorbenen Arztes erinnert mich auch an das heutige Evangelium von der Brotvermehrung. Es zahlt sich aus, die Dynamik im Evangelium zu sehen und mitzunehmen:

 

Verbindung Alltag und schöne Worte

Zunächst fällt auf: Die Jünger Jesu wollen zwei getrennte Welten:

Schick die Leute weg, damit sie in die umliegenden Dörfer und Gehöfte gehen, dort Unterkunft finden und etwas zu essen bekommen.

  • Hier die Heilungen durch Jesus, dort der Alltag
  • Hier die Worte Jesu und dann heim in den gewohnten Alltag.

Jesus unterbricht diese Aufteilung und verbindet Alltag und Feiertag, Wochentag und Sonntag.

 

„Indem wir die Eucharistie auf die Straßen und Plätze tragen, wollen wir das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist, mitten in unser Alltagsleben bringen; wir wollen, dass Jesus dort geht, wo wir gehen, dass er dort lebt, wo wir leben.“   Papst Benedikt XVI

 

Gebt ihr ihnen zu essen

Jesus verbindet Alltag und Feiertag und bindet dabei seine Jünger tatkräftig ein:

Er antwortete ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen! Sie sagten: Wir haben nicht mehr als fünf Brote und zwei Fische; wir müssten erst weggehen und für dieses ganze Volk etwas zu essen kaufen.

Auch nach dem Segen über den fünf Broten und zwei Fischen sollen sie mitwirken. dann gab er sie den Jüngern, damit sie diese an die Leute austeilten.

Mir gefällt dieses Prinzip, dass wir eingebunden werden, damit das Reich Gottes Wirklichkeit wird. Damit verschwindet die Bitte „Unser tägliches Brot gib uns heute“ nicht im stillen Kämmerlein, sondern wird ganz konkret.

Jesu Brot ist nicht nur etwas für wenige Auserwählte. Jesu Brot ist nicht fürs Hinterkämmerlein bestimmt, sondern für die Menschen auf der Straße.

 

Und wir essen immer noch davon

So möchte ich auf die Frage, wie es möglich ist, dass Jesus bei der Brotvermehrung mit fünf Broten und zwei Fischen fünftausend Menschen satt gemacht hat, heute antworten: Und wir essen immer noch davon!

Details
  • Datum: 20. Juni 2019
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Lukas 9,11-17