Predigt Hören und Handeln wie Maria und Martha
Beschreibung
Predigt Hören und Handeln wie Maria und Marta
Evangelium: Lukas 10,38-42
Jesus ist auf Reisen, nicht auf Urlaub, wie viele von uns derzeit, sondern auf dem Weg nach Jerusalem. In Betanien an der Ostseite des Ölbergs kommt er auf Besuch bei den beiden Schwestern Maria und Marta. Ihr Bruder ist Lazarus. Wir kennen die Bibelstelle: Marta arbeitet und bereitet dem Gast ein Essen vor, Maria sitzt Jesus zu Füßen und hört ihm aufmerksam zu. Das führt zu Spannungen zwischen den Schwestern.
Ich frage mich manchmal:
- Was wäre gewesen, wenn sich auch Marta Jesus zu Füßen gesetzt hätte und beide einfach bei Jesus gesessen wären
- Was wäre gewesen, wenn beide in der Küche gearbeitet hätten und der Gast Jesus allein irgendwo warten hätte müssen.
In der Diskussion werden die beiden auch manchmal ausgespielt, wer wichtiger ist: Marta, die arbeitet oder Maria, die zuhört. Die Formulierung der Bibelübersetzung bis 2016 hat ihren Teil dazu beigetragen. Da hat es geheißen: Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat das Bessere gewählt. Heute lautet die Formulierung: Maria hat den guten Teil gewählt.
Als Antwort auf einen Artikel zu Maria und Marta, bei dem ich die Fähigkeit des Hörens bei Maria besonders gelobt habe, hat mir vor Jahren jemand folgenden Brief geschrieben:
Sehr geehrter Pfarrer Troyer: Maria oder Marta, Ihre Worte wühlen mich auf und ständig setze ich mich gedanklich damit auseinander. Bei jeder Arbeit denke ich daran, deshalb meine Zeilen.
- Gibt es Familien mit einem behinderten Jugendlichen wie bei mir, wo die Frau nicht nur und ständig Marta sein muss! Warum kann ich nicht Maria sein und mir eine Marta leisten?
- Wir sind in einer Wohnanlage mit 23 Wohnungen. Wir haben keinen Hausmeister, wir helfen zusammen – hieß es – da gibt es eine Hand voll Martas und alle anderen „seilen sich ab von der Arbeit“.
- Wie wäre Ihre Jugend verlaufen, wenn Sie eine Maria als Mutter gehabt hätten?
Eines habe ich aus diesem Text sicher gelernt: Wenn unser Pfarrer das nächste Mal etwas braucht, bin ich nicht mehr Marta, da gönne ich mir Maria zu sein.
Vielleicht ist meine Situation eine Ausnahme, aber sie ist so!
Biblischer Zusammenhang in Lukas 10 und 11 als Erklärungshilfe
Ich sehe in der Bibelstelle nicht einen Wettbewerb zwischen Arbeiten und Zuhören, zwischen Aktion und Kontemplation, sondern eine wichtige Ergänzung zweier Aufgaben. Es geht darum, im richtigen Moment das richtige zu tun.
Und hier ist die Bibel fantastisch.
Wisst ihr, was im Lukasevangelium unmittelbar vor dem Bericht von der Gastfreundschaft bei Maria und Marta steht?
Wisst ihr, was unmittelbar nachher steht?
Unmittelbar vorher ist der Bericht vom barmherzigen Samariter, unmittelbar nachher die Worte Jesu vom Gebet. Ist das nicht wunderbar? Ist das nicht eine Hilfe, den Bibeltext noch besser zu verstehen?
Arbeiten und Handeln
Marta arbeitet, der barmherzige Samariter handelt sofort und hilft dem Verletzten. Stellt euch vor, wenn der barmherzige Samariter im Angesicht des Verletzten gesagt hätte:
- „Ich muss zunächst beten und im Gebet überlegen, was ich tun soll?“
- „Ich gehe zuerst in den Tempel und dann schaue ich weiter.“
Wäre das nicht komisch und würde frömmlerisch klingen. Beten als Ausrede, dass ich nichts tun muss. Nein, Marta und der barmherzige Samariter stehen für Menschen, die sich aktiv und ganz konkret für andere einsetzen.
Jesus ist bei Maria und Marta zu Gast. Wo ist er im Gleichnis vom barmherzigen Samariter? In erster Linie ist er dort im Überfallenen. Jesus begegnen heißt demnach, aktiv für andere Menschen da zu sein und zu helfen.
Zuhören und Beten
Unmittelbar nach dem Besuch Jesu bei Maria und Marta lesen wir die Worte Jesu zum Gebet (Lk 11,1-13). Wir hören sie am kommenden Sonntag beim Gottesdient.
Auch hier zeigt sich, wie wichtig der Moment ist.
- Wäre es nicht komisch, wenn im Moment, in dem Jesus mit den Jüngern betet, die Jünger zu ihm sagen würden: Wir haben jetzt keine Zeit zu beten. Wir müssen jetzt arbeiten. Sag uns, wenn du mit deinem Gebet fertig bist.
In Jesu Worten zu Gebet spüren wir die Wichtigkeit des Gebetes und des Vertrauens beim Beten. Es geht darum, Gott zu vertrauen und nicht zu meinen, dass ich alles selber tun muss. Maria, die Jesus zu Füßen sitzt, vertraut Jesus. Sie weiß, dass seine Worte jetzt wichtiger sind als alles andere.
Wir sehen:
Arbeiten und Zuhören, Handeln und Beten gehören zentral zusammen.
Sie ergänzen sich und manchmal würden wir am liebsten beides gleichzeitig tun.
Das geht aber nicht. So braucht es manchmal eine gerechte Aufteilung und ein gutes Nacheinander. Versuchen sie es diese Woche!
Details
- Datum: 20. Juli 2025
- Prediger: Franz Troyer
- Bibelstelle: Lukas 10,38-42