Beschreibung

Predigt Nikolaus Patrozinium Thurn 2019

 

Der Blick auf das Leben des Hl. Nikolaus hat viel mit Geschichten und Legenden zu tun. Diese führen uns alle immer wieder neu zur Frage, was wirklich im Leben zählt und was nebensächlich ist.

So möchte ich zunächst zwei Geschichten erzählen:

 

Den Nikolaus lebendig halten

Ein superreicher Mann kommt ins Sterben. Seit Kindesbeinen an hat er gelernt, dass er bloß auf sich schauen muss. „Ich will alles haben und zwar subito!“, war ja sein Lebensmotto. Nun stirbt er und kommt ins Paradies. Wunderschöne Landschaft breitet sich vor seinen Augen aus. Inmitten des Bildes: eine reich gedeckte Tafel. Den himmlischen Gaumenfreuden steht nichts im Wege. Schon will sich der Mann zum Tisch setzen, schon will er nach den Kellnern rufen, die ihn da reichlich bedienen sollen. Da hört er eine Stimme, die ihn daran ermahnt, auch den Eintrittspreis zu zahlen. „Kein Problem! Bin doch einer der reichsten Männer der Erde gewesen.“ Schon will er seine Kreditkarte zucken. Er war ja daran gewöhnt, dass seine Kreditkarten ihm den Zutritt zu den nobelsten Lokalen gewährten. Doch da bekommt er zu hören, dass dieses Geld im Paradies nichts wert sei. „Bei uns zählt nur das, was man selber verschenkt, nicht aber das, was man angesammelt hat!“ Da wurde der Mann traurig. Er erkannte, dass er bettelarm ist. Er hatte ja in seinem ganzen Leben nichts verschenkt!

 

Er war halt der Inbegriff dessen, was man heute einen „Anti-Nikolaus“ nennen könnte. In der Zeit, in der das Schenken durch Konsum geradezu erstickt wird, den „Nikolaus“ lebendig zu halten, bleibt ein großes Gnadengeschenk!

(aus Schlusspunkt „Tiroler Sonntag“ Dez 2019; Jozef Niewiadomski)

 

Das steinerne Herz

Ein Kaufmann war sehr reich geworden, konnte aber nie genug bekommen und wollte immer noch mehr verdienen. Als er eines Tages auf Reisen war, erschien ihm ein seltsamer Mann. „Möchtest du reicher als alle werden?“, fragte er ihn. „Natürlich! Wer will das nicht? Sag mir, was ich dafür tun muss!“ antwortete der Kaufmann. – „Du musst mir dafür dein Herz verschreiben.“ Ohne lange nachzudenken tauschte der Kaufmann sein Herz gegen einen harten, kalten Stein. Dann verschwand der seltsame Mann. In den folgenden Jahren wurde der Kaufmann reicher und reicher, aber auch immer verlassener und einsamer.

 

Als er eines Tages wieder dorthin kam, wo er sein Herz verloren hatte, begegnete ihm Bischof Nikolaus. „Warum bist du so traurig?“ fragte er den Kaufmann. Da erzählte ihm der reiche Mann seine Geschichte. Bischof Nikolaus war bekannt für sein gutes Herz. Er tröstete ihn: „Du kannst wieder glücklich werden. Lass die Armen spüren, dass dein Herz wieder für sie schlagen will. Hilf ihnen mit deinem Geld. Geh zu den Kranken und Hungernden und lerne wieder, die Not der Menschen zu sehen.“ Der Kaufmann tat, wie Bischof Nikolaus ihm geraten hatte. Mit jedem guten Wort und jeder helfenden Tat schmolz der Stein in seiner Brust tatsächlich und sein Herz kam wieder an den rechten Fleck. Als er starb, war aus dem armen Reichen ein reicher Armer geworden.  (Nach einer alten Legende)

 

Was können und sollen wir tun?

Im Blick auf den Hl. Nikolaus möchte ich sagen:

 

Wir müssen den anderen keine Goldkugeln ins Zimmer werfen wie der heilige Nikolaus,

aber es wäre schon viel, wenn wir mit der Phantasie der Liebe überlegten, wie wir jemanden helfen oder eine Freude bereiten könnten. Eine kleine Aufmerksamkeit, ein Anruf, ein Zeichen der Anteilnahme, ein geduldiges Zuhören tun unendlich wohl und geben Lebensmut.

 

Wir werden nicht wie der Hl. Nikolaus einen Seesturm beruhigen, aber vielleicht gelingt es uns, einem Streit ein bisschen die Wogen zu glätten. Wir können nicht die Probleme anderer lösen, aber es ist schon viel, wenn jemand da ist, der die Ohnmacht mit ihnen aushält und teilt.

 

Nikolaus, so wird berichtet, besorgte für die hungernden Bewohner von Myra Weizen. Da wären wir überfordert. Aber es gibt auch den Hunger nach Wertschätzung und Nähe, nach Dazugehören und Akzeptanz. Statt über einen Nikolaussack mit Mandarinen und Nüssen hätten manche mehr Freude über ein Päckchen Zeit.

 

Wir werden es nicht schaffen, wie Nikolaus eingepökerte Studenten zum Leben zu erwecken, aber wo wir ein Netz der Aufmerksamkeit ausspannen und das Miteinander fördern, wächst gutes Leben.

 

(Aus dem Buch: Elmar Simma, Geführt von einem Stern. Gute Gedanken für Advent und Weihnachten; Tyrolia Verlag)

Details
  • Datum: 6. Dezember 2019
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Lukas 10,1-10