Beschreibung

Predigt Resilienz und Hartnäckigkeit

Evangelium Matthäus 15,21-28; 16. August 2020

 

Folgendes Ereignis fällt mir fast immer zum heutigen Evangelium ein. Pfarrer Rudolf Theurl, der derzeit bei uns auf Urlaub ist, hat es mir vor Jahren erzählt.

Er war in der Kirche im Wallfahrtsort Georgenberg oberhalb von Schwaz in der Kirche, dann kam eine Mutter mit ihrem Kind herein und setzte sich in die Bank vor ihm. Zwischen Mutter und Kind entwickelte sich folgender Dialog: Zunächst sagt die Mutter zum Kind, dass sie in der Kirche beten will und dass sie dann gemeinsam ins Gasthaus gehen. Nach einigen Minuten meinte das Kind: Mama, gehen wir jetzt ins Gasthaus! Die Mutter antwortete, dass sie noch etwas beten will. Kurz nachher wieder die Frage des Kindes und die Mutter: Ich will noch für einige Menschen beten. Stille, Warten. Dann meinte das Kind: Mama, merkst du nicht, dass du dem lieben Gott schon längst auf die Nerven gehst?

Mir gefällt das Gebetsvertrauen dieser Mama, aber genauso die Ausdauer und Klugheit des Kindes: Mama, merkst du nicht, dass du dem lieben Gott schon längst auf die Nerven gehst.

 

Hartnäckigkeit der Ausländerin

Und hier kommen wir zur Frau im heutigen Evangelium: Solche Widerstandskraft und Ausdauer habe ich selten gesehen:

Sie bittet Jesus um Hilfe: Sie bekommt keine Antwort.

Die Freunde von Jesus beklagen sich bei ihm: Sie schreit hinter uns her.

Die Frau kommt noch einmal zu Jesus und kniet vor ihm nieder

Diesmal antwortet Jesus, aber widerspricht ihr. Für dich bin ich nicht zuständig, da du eine Ausländerin bist. Ich habe wichtige Aufgaben.

Die Frau gibt nicht nach: Es stimmt, du hast wichtige Aufgaben, aber es kein Hindernis, dass du auch mir hilfst.

Und Jesus hilft und lobt ihren Glauben.

Ich staune über diese Ausdauer und Widerstandskraft:

Keine Antwort zu bekommen ist sicher nicht leicht.

Das andere über mich blöd reden motiviert auch nicht.

Noch einmal als Bittsteller oder Bittstellerin anzutreten braucht auch Mut.

Im Gespräch sich nicht sofort abfertigen zu lassen, ist auch eine Kunst

 

Resi-Lienz

Für diese Ausdauer und Widerstandskraft gibt es den modernen Fachausdruck Resilienz. Ich mag das Wort, nicht deswegen, weil es so klug klingt, sondern weil darin das Wort Lienz enthalten ist. Resi-Lienz. Bei der Fußgängerbrücke vom Schmetterlingbrunnen hinüber zur Stadtmauer und zum Franziskanerkoster steht das Wort an der Glaswand. Immer wenn ich vorbeikomme, frage ich mich, wo ich mehr Ausdauer und Widerstandskraft einsetzen soll.

 

Vierfaches Vorbild

Vier vorbildliche Sachen dieser Frau möchte ich euch heute mitgeben:

  • Die Frau gibt im Leben und im Beten nicht so schnell auf, wenn etwas nicht sofort in Erfüllung geht. „Die Verwirklichung vieler Dinge hängt von dem Vertrauen ab, mit dem wir sie erwarten, erhoffen, erbeten“ (Alfred Delp)
  • Die Frau zeigt, dass wir Vertrauen haben dürfen in Jesus, egal woher wir kommen, ob vom Ausland oder mit dieser und jener Geschichte
  • Die Frau ist ein Vorbild darin, dass sie nicht nur ihre eigenen Interessen und Vorteile im Blick hat, sondern sich für andere einsetzt.
  • Die Frau ist ein Vorbild darin, ihre Wünsche und Vorstellungen klar zu sagen. Mir scheint, viele Enttäuschungen wurzeln darin, dass Menschen nicht direkt sagen, was sie brauchen und dann beleidigt oder verbittert sind, weil andere nicht tun was sie wollen. Der direkte Weg fordert Vertrauen und auch das Risiko, sich zu blamieren.
Details
  • Datum: 16. August 2020
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Matthäus 15,21-28