Beschreibung

Predigt Rumpelkammer und Pulverfass

Evangelium Johannes 2,13-25; So 7. März 2021

 

Eine Feier mit den Kindergartenkindern von Gaimberg. Ich empfange die Kinder in der Pfarrkirche. Ein Bub fragt sofort ganz interessiert, wer der Mann mit dem Lasso vor der Tür sei. Ich verstehe nicht, was das Kind meint. Wir machen aus, dass er mir nach dem Gottesdienst den Mann mit dem Lasso zeigt. Und wahrlich: Er zeigt mir im Vorraum der Kirche das Bild, wie Jesus im Tempel von Jerusalem die Geldhändler hinauswirft. Seine Geißel gleicht einem Lasso. Die Botschaft der Darstellung in Gaimberg – auch in der Pfarrkirche Ainet findet sich ein ähnliches Bild - ist klar: Mensch, du betrittst jetzt die Kirche. Hab Achtung vor dem heiligen Ort. Mache die Kirche nicht zu einer Räuberhöhle.

 

Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid

Für den Apostel Paulus ist die Verbindung zwischen dem Tempel in Jerusalem und unserem Leben klar und wichtig. „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ schreibt er im ersten Brief an die Korinther. Die beste Möglichkeit, Gott zu begegnen ist der Mensch. Jeder Mensch ist der Ort, wo Himmel und Erde sich berühren.

Wer diesen Vergleich des menschlichen Körpers mit dem Tempel Gottes im Blick hat, sieht das Hinauswerfen der Geldwechsler aus dem Jerusalemer Tempel mit neuen Augen. Es geht jetzt nicht so sehr um die Frage, wie Jesus im hoch bewachten Jerusalemer Tempel solche Aktionen starten konnte, ob Jesus die Emotionen durchgegangen sind oder ob er, der so viel von Liebe redet, dabei nicht die eigene Friedensbotschaft verraten hat. Es tauchen vielmehr neue Fragen und Erkenntnisse auf: Was sind die Gefahren, dass unser Leib eine Markthalle wird und die Würde als Tempel Gottes verliert? Welche Kräfte sind es, die das Göttliche aus unserem Leib verdrängen?

 

Angefüllt wie eine Rumpelkammer

Zur Zeit Jesu war der Tempel von Jerusalem ein Umschlagplatz für alle möglichen Interessen. Hier trafen sich verschiedene jüdische Gruppen zum Diskutieren. Viele kamen einfach deswegen zum Tempel, weil sie unter Menschen sein wollten, ähnlich wie in den Bahnhöfen und Einkaufszentren der heutigen Zeit. Bei all dem Wirbel bestand die Gefahr, dass die eigentliche Mitte des Tempels übersehen wurde. Das Allerheiligste, ein leerer Raum im großen Tempelareal, wurde leicht vergessen, wenn ringsherum „die Hölle los ist“.

Wenn Jesus viel Überflüssiges aus dem Tempel hinauswirft, will er zu mir sagen: „Mensch, setze Schwerpunkte, damit das Wesentliche nicht zu kurz kommt! Räume nicht nur deine Wohnung auf, sondern entsorge auch einiges aus dem Inneren deines Tempels!“ Über Menschen, die überall herumschwirren und nicht in sich selbst verankert sind, meint Karl Valentin ganz treffend: „Ich gehe mich heute besuchen, mal schauen, ob ich daheim bin.“

 

 

 

 

Geldsucht statt Suche nach Gott

Die Geldwechsler scheinen die Achtung vor dem heiligen Ort verloren zu haben. Jesus sieht diese Werteverschiebung, wirft die Tische um und zeigt in einer unmissverständlichen Symbolhandlung seinen Ärger. Viele wundern sich darüber, dass Jesus hier so schnell reagiert, wo er doch sonst viel Barmherzigkeit und Nähe zu Sündern zeigt. Selbstgerechte und hartherzige Menschen kritisiert er in ähnlich harter Weise. Jesus verliert hier nicht die Nerven, sondern will uns eindringlich mahnen, dass wir mit Geldgier und Neid keine faulen Kompromisse schließen dürfen. Diese bekommen eine Eigendynamik. Die Angst, dass jemand mehr besitzt, sitzt uns im Nacken. Neid frisst Menschen regelrecht auf.

 

Explosiv wie ein Pulverfass

Besonders an den hohen Feiertagen glich der Tempel Jerusalems einem Pulverfass. Soldaten und Wachen standen an allen Ecken und Enden. Kurzschlusshandlungen und Verhaftungen ohne Grund waren eine Folge davon. Leider kann der Tempel unseres Leibes auch so ein Pulverfass werden. Dies geschieht manchmal ganz unvermittelt, nicht selten an Feiertagen und im Urlaub: Wir reagieren in solchen Situationen auf jede Anfrage empfindlich und riechen hinter allem Betrug und Verrat. Jeder ist nervös und angespannt. Wie soll es hier zu Vertrauen kommen, wie zu Gottesbegegnung?

 

Ich schließe mit einem Gebet von Bernhard Meuser:

 

Bleib uns gnädig, Gott,

uns gottverlorenen Gottsuchern!

Arm sind wir im Spott,

kalt in der Freiheit,

trostlos im Genuss.

 

Lass es dir nahegehen, Gott,

wenn unsere Augen stumpf werden

und die Seele ausblutet!

Höre den Schrei

aus der Leere

nach dir!                     

Details
  • Datum: 6. März 2021
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Johannes 2,13-25