Beschreibung

Predigt Wer wird uns retten? – Christmette 2020

 

Die Mama steht vor dem Kleiderschrank ihres kleinen Sohnes und sortiert die Kleider aus, die ihm zu klein geworden sind. Auf einmal fällt aus seiner Hose etwas auf den Boden, eine kleine Figur. Es ist die Jesusfigur aus der Weihnachtskrippe. Stimmt, den hatte sie gesucht, als sie die Weihnachtssachen weggeräumt hat. Ihr kleiner Sohn hatte den Jesus von der Krippe überall mitgenommen und immer bei sich getragen.

Die Mama steckt die Jesusfigur in ihre eigene Hosentasche mit dem Ziel, sie nachher zu den Weihnachtssachen zu bringen. Ein paar Tage später räumt sie die Waschmaschine ein und fasst in alle Hosentaschen: Was findet sie dort? Die Jesusfigur. „Der ist aber hartnäckig!“ denkt sie sich. Als nächstes finde ich ihn womöglich noch im Bad oder in der Spülmaschine oder im Garten!

Dann kommt ihr der große Gedanke: Zu Weihnachten holen wir den Jesus ins Wohnzimmer und legen ihn in die Krippe. Wir ziehen für ihn festliche Kleider an und  feiern ein Festmahl. Und nach Weihnachten räumen wir Jesus wieder weg.

Aber Jesus ist mehr und will mehr: Jesus ist nicht nur am Hl. Abend da, sondern auch im Alltag, zwischen dreckiger Küche und dreckiger Wäsche, beim Schlafengehen der Kinder und in den schlaflosen Nächten der Erwachsenen. Er ist nicht nur ein Festtagsgott, sondern einer für alle Tage im Jahr, 24 Stunden an 7 Tagen die Woche. (frei nacherzählt nach Anja Sievers)

 

Wir feiern heute zu Weihnachten, dass das Jesuskind sogar mitten im Dreck der Menschheit ein Mensch wird und bei den Menschen bleibt.

  • Er wird im kleinen Kaff Betlehem geboren und nicht in Rom.
  • Er kommt in einem Stall zur Welt und nicht in einem Königspalast.
  • Er lässt sich nicht in eine Schachtel oder eine Glasvitrine einsperren, auch nicht in eine festliche Kirche oder in Papier, das bekanntlich geduldig ist.

Dieses Jesuskind will uns das ganze Jahr über nahe sein, in der Hosentasche, im Herzen, bei unseren Gesprächen, auch in der Angst und im Zweifel des Lebens.

 

Heuer zu Weihnachten stellen sich für viele von uns manche Lebensfragen neu, vielleicht auch inniger und intensiver: Ich finde es spannend, das berühmte Weihnachtsevangelium mit den heurigen Erfahrungen zu verbinden.

 

Volkszählung

Es geschah aber in jenen Tagen, dass Kaiser Augustus den Befehl erließ, den ganzen Erdkreis in Steuerlisten einzutragen.

Was Volkszählungen sind und was tausende Tabellen bedeuten, haben wir heuer allein bei den Nachrichten Zeit in Bild hundertfach erlebt. Die Zählungen und die Listen sind der Versuch, Trends zu sehen und dabei den einzelnen Menschen nicht zu vergessen. Bitten wir, dass die vielen Listen und Gesetze eine Hilfe fürs Wohl der Menschheit sind.

 

Herbergssuche

So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt.

Der Weg von Nazaret nach Betlehem sind drei oder vier Fußmärsche. Das ist

viel, zu viel für eine hochschwangere Frau. Drei Fußmärsche sind wenig, wenn wir daran denken, welche Wege und Umwege viele Flüchtlinge gehen müssen.

Neben der beinharten Herbergssuche scheint auch die innere Herbergssuche zur Menschheit zu gehören: das Suchen nach Heimat, nach Angenommensein und Geliebtsein, nach einem zufriedenen Herzen.

 

Christus der Retter ist da

Also Antwort auf die Volkszählung, auf die viel zu vielen Herbergssuchen, auch auf die Herausforderung der Hirtenfelder hören wir heute wieder die große Zusage der Engel von Betlehem: Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr.

 

Ich höre diese Titel für Jesus heuer ganz neu und frage mich, was „Retter“, „Christus“ oder „Herr“ für uns in der derzeitigen Situation bedeuten können:

Was erwarten wir heuer zu Weihnachten vom Jesuskind? Ist er der Retter?

Wer wird uns retten: Der Impfstoff oder Jesus oder beide oder niemand?

 

Zu Weihnachten wünschen wir uns einen Gott,

der unser eigenes Leben in Ordnung bringt,

der die Kriege der Menschen beendet,

der den Hungernden der Welt zu essen gibt,

der alle Trauernden tröstet.

 

Und dann stehen wir vor einem kleinen Kind in der Krippe,

das uns lehrt und begleitet,

wenn wir unser Leben selbst in Ordnung bringen,

die Kriege der Menschen beenden,

mit den Hungernden unseren Reichtum teilen

und die Trauernden trösten

(Elisabeth Ziegler-Duregger aus Lienz)

 

Details
  • Datum: 24. Dezember 2020
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Lukas 2,1-14