Beschreibung

Predigt Fronleichnam 2020  am Hauptplatz Lienz

Öffentlich versammelt am Tisch des Herrn

 

Eine meiner Lieblingsbeschreibungen für die Hl. Messe lautet: „Öffentlich versammelt am Tisch des Herrn“. Gerade in den letzten Monaten der Coronakrise ist mir vieles davon neu aufgefallen und wichtig geworden. Ich möchte heute am Fronleichnamsfest einige Gedanken dazu bringen.

 

Öffentlich – offen

Wir feiern heute hier am schönen Hauptplatz in Lienz die Hl. Messe.

Wir sind so froh, dass dies wieder möglich ist, und merken wohl alle, was es bedeutet, in die Öffentlichkeit gehen zu dürfen.

In den letzten Monaten haben wir hinter verschlossenen Türen in kleinsten Gruppen die Hl. Messe gefeiert. Das geht auf Dauer nicht, weil es ein Widerspruch zur Hl. Messe ist.

  • Die Hl. Messe, die uns Jesus Christus anvertraut hat, ist keine Geheimfeier.
  • Sie ist auch Feier für eine Exklusivtruppe, bei der nur ganz Auserwählte hineindürfen.
  • Sie ist auch keine Feier in aller Stille.

Jesus hat uns ein Geschenk anvertraut, das nach Außen strahlen will. Auch deswegen bin ich ein Fan, dass unsere Kirchentüren nicht nur aufgesperrt sind, sondern auch offen. Offene Türen laden ein und ermöglichen ein unkompliziertes Kommen und Gehen. Sie bezeugen das Gegenteil von Zwang.

 

Versammelt – sich sammeln

Ich bin froh, dass wir uns heute wieder in großer Anzahl versammeln können. Das Versammeln macht uns sichtbar und spürbar, dass wir alle andere Menschen brauchen und nicht Lebewesen sind, die am liebsten allein auf einer einsamen Insel wohnen.

Das Wort Versammeln hat auch etwas mit Sammlung zu tun. Ich hoffe, dass unsere Hl. Messen einen Raum bieten, in denen Menschen zu Sammlung kommen und ihre Mitte finden. Es geht so schnell, dass wir unruhig sind und zerstreut und dann sogar außer uns.

Der gemeinsame Blick auf Jesus und das Sich-Hinein-Fallen-Lassen in seine Heilsgeschichte ist wahrlich heilsam! Das habe ich selbst schon oft erlebt.

 

Am Tisch

Viele haben in den letzten Monaten die Bedeutung des Tisches neu erfahren: Am Küchentisch treffen wir uns, um gemeinsam zu essen und zu trinken.

Wir treffen uns zum Reden und Spielen. Kinder zeichnen gerne am zentralen Tisch der Wohnung.

Im Blick auf die Hl. Messe sprechen wir von einem doppelten Tisch, der uns gedeckt wird, dem „Tisch des Wortes“ und dem „Tisch des Brotes“

Der Tisch des Wortes ist das Ambo, der Ort, wo wir die Worte der Hl. Schrift verkünden. Wir können wohl alle Beispiele aufzählen, wie gute Worte anderer uns gestärkt und ermutigt haben. Gute Worte sind wahrlich eine Speise.

Der Prophet Jeremia spricht einmal im Gebet zu Gott: Kamen Worte von dir, so verschlang ich sie. Dein Wort war mir Glück und Herzensfreude. (Jeremia 15,15)

Und dann der Tisch des Brotes, unser Altar. Wir bereiten darauf die alltäglichen und doch so zentralen Gaben von Brot und Wein. Diese Gaben werden zum „Brot des Lebens und Kelch des Heiles“, wie wir im Hochgebet nach der Hl. Wandlung beten.

Ja, die Hl. Messe gibt uns wahrlich Nahrung für Leib und Seele. Und wir brauchen diese Nahrung für Leib und Seele, um nicht zu verhungern oder eigenbrötlerisch zu werden.

 

Herr

Wenn ich die Kniebeuge mache, dann denke ich mir oft: Wer Gott die Ehre erweist, der braucht sich vor den Menschen nicht zu fürchten.

Märtyrer, z.B. Märtyrer der Nazizeit wie Otto Neururer, haben dies mehrfach gezeigt und mitten in der Bedrohung eine innere Freiheit gelebt und auch erlebt, die unvorstellbar ist. Wer in Gott verankert ist, der ist innerlich ganz frei. Der lässt sich nicht brechen. Der erfährt sogar mitten in der Krise Sinn und Glück.

Marie von Ebner-Eschenbach formuliert es im Blick auf gegenteilige Beispiele: „Nichts macht uns feiger und gewissenloser als der Wunsch, von allen Menschen geliebt zu werden“

 

So bin ich froh, dass wir heute am Fronleichnamsfest hier Hl. Messe feiern dürfen. Vergelts´ Gott allen, die Mithelfen und Sonntag für Sonntag ganz selbstverständlich unsere Gottesdienstgemeinschaften stärken.

Details
  • Datum: 11. Juni 2020
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Johannes 6,51-58