Beschreibung

Predigt Mit Maria Magdalena österliche Menschen werden

Evangelium: Johannes 20,1-18; Ostersonntag 2022

 

Bei 40 Grad Hitze kann sich in der Wüste ein Mann gerade noch zu einer kleinen Ruine schleppen. Er hofft, wenigstens etwas Schatten zu finden. Zu seiner Überraschung findet er in der Ruine eine rostige Wasserpumpe. Mit letzter Kraft drückt er ihren Hebel hin und her. Aber es kommt kein Wasser.

Da erblickt er neben der Pumpe einen Krug und eine geschriebene Notiz vorne drauf: „Sie müssen zuerst die Pumpe mit dem Wasser aus dem Krug füllen. Und vergessen sie nicht, den Krug wieder nachzufüllen und mit dem Korken abzuschließen, ehe sie von hier fortgehen.“

Der Mann zieht den Korken aus dem Krug. Tatsächlich. Er ist voll mit Wasser.

Er ringt mit sich selbst: Soll er wirklich das köstliche Wasser in die rostige Pumpe gießen? Wäre es nicht vernünftiger, das Wasser zu trinken? Wer sagt, dass die Pumpe noch funktioniert? Wenn nicht, dann hat er das wertvolle Wasser nutzlos vergossen. Doch wenn er jetzt einfach alles austrinkt, dann lässt er den Krug leer zurück und kein weiterer Mensch würde Wasser finden können, der wie er hilfesuchend an diese Stelle kommt.

Der Mann folgt seiner inneren Stimme und gießt das wertvolle Wasser in die Pumpe. Dann hebt und senkt er wie wild den Hebel und tatsächlich: Plötzlich kommt klares Wasser aus der Röhre. Er trinkt, füllt seine Vorratsflaschen und zuletzt auch den Krug, den er mit den Korken wieder gut verschließt.

(frei nach Axel Kühner, aus: Willi Hoffsümer. Einstimmen in das große Halleluja)

 

Warum erzähle ich heute am Ostersonntag diese Geschichte.

Mir kommt vor, dass unser modernes Leben oft dem Mann in der Wüste gleicht.

Viele kommen immer wieder körperlich und psychisch an ihre Grenzen.

Auch die Entscheidungen des Mannes in der Wüste sind uns nicht fremd:

  • Soll ich mit dem Krug Wasser, den ich gefunden habe, zufrieden sein?
  • Soll ich auch an andere denken oder gehen die mich nichts an?
  • Soll ich etwas riskieren?

Ostern erspart uns diese Fragen nicht. Es sind wichtige Fragen. Ostern gibt österliche Antworten darauf. Mit dem heutigen Osterevangelium und Maria Magdalena möchte ich drei Antworten versuchen.

 

  1. Ostern lädt ein, die Welt mit österlichen Augen zu sehen.

Frau, warum weinst du? So wird Maria Magdalena heute zweimal gefragt. Ihre vielen Tränen scheinen wichtig zu sein, um manches Leid weg zu weinen. Im Bibeltext wird liebevoll beschrieben, dass sich Maria Magdalena zweimal umdreht: Wohl auch ein Bild dafür, dass wir nicht stur in eine Richtung blicken und die Welt scheuklappenmäßig sehen sollen. Der Blick von Maria Magdalena weitet sich, am Ende kann sie sagen: Ich habe den Herrn gesehen.

Ostern verspricht uns nicht eine romantische Wüstenerfahrung mit einem Schwimmingpool und schönen Sonnenaufgängen und Untergängen. Aber Ostern will, dass wir die Welt, die Menschen und auch unser Leben mit österlichen Augen sehen. „Ostern ohne Karfreitag ist eine Illusion. Karfreitag ohne Ostern ist eine Katastrophe.“ (Franz Böckle)

 

  1. Ostern verkündet Großes über Gott und den Menschen

Das heutige Osterevangelium ist auch deswegen so groß, weil es so Großes von Gott und den Menschen berichtet. Was der Auferstandene zu Maria sagt, ist viel mehr als tausend Liter Wasser in der Wüste. Ich gehe hinauf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott. Wir müssen uns auf der Zunge und im Herzen zergehen lassen, was das bedeutet. Jesus nimmt uns Menschen hinein in seine einzigartige Gottesbeziehung. Wir sind mit Jesus Kinder Gottes. Und natürlich sind wir dann seine Brüder. Auch dies sagt der Auferstandene ausdrücklich: Geh aber zu meinen Brüdern.

Das ist die unerschütterliche und unerschöpfliche Botschaft. Mögen wir daraus trinken in der Dürre unserer Selbstzweifel und Angst, mögen wir uns immer wieder umdrehen und hindrehen zu diesem Jesus.

 

Ostern verlangt eine Entscheidung

Der Mann entscheidet sich, dass Wasser in die rostige Pumpe zu schütten.

Ein Grund dafür ist der Blick auf Menschen, die nach ihm hilfesuchend zur Ruine kommen.

Maria Magdalene entscheidet sich mehrmals: Sie entscheidet sich, zum Grab zu gehen.  Sie entscheidet sich, Jesus zu suchen.

Ich bin überzeugt: Unser Leben benötigt Entscheidungen und auch unser Glaube. Wenn er nicht nur ein kurzes Festtagskleid bleibt oder eine Wellnessablenkung, dann benötigt es Entscheidungen.

Entscheide dich, zu lieben statt zu hassen.
Entscheide dich, zu lächeln statt ein finsteres Gesicht zu machen.
Entscheide dich, durchzuhalten statt die Flinte ins Korn zu werfen.
Entscheide dich, zu loben statt Klatsch zu verbreiten.
Entscheide dich, zu heilen statt zu verletzen.
Entscheide dich, zu geben statt gierig an dich zu raffen.
Entscheide dich, zu vergeben statt zu fluchen.
Entscheide dich, zu beten statt zu verzweifeln.

 

Ostern hilft uns diese Entscheidungen zu leben und dadurch immer wieder vom Karfreitag zum Ostermorgen zu kommen und sogar in rostigen Wasserpumpen Wasser zu finden.

Ich bin froh, dass wir Ostern feiern dürfen und jeder Sonntag als kleines Osterfest uns daran erinnert.

Gesegnete Ostern 2022.

Details
  • Datum: 17. April 2022
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Johannes 20,1-18