Beschreibung

Predigt Neujahr 2023: Zeit, Friede und Gott sind kein Fertigmenü

Lesung Numeri 6,22-27; Evangelium: Lukas 2,16-21

 

„Friede ist kein Fertigmenü, das man rasch zum Aufwärmen in die weihnachtliche Mikrowelle schiebt. Es braucht die vielen großen und kleinen Zutaten und viel Geduld.“ (Bischof Hermann Glettler in der Weihnachtsbotschaft 2022)

Ja, unser Leben ist kein Fertigmenü. Wohl aber möchte ich sofort am Beginn betonen, dass für die meisten von uns viele Zutaten reichlich vorhanden sind. Wir jammern hier in Europa manchmal auf sehr hohem Niveau.

Drei Gedanken sollen uns heute am Jahreswechsel begleiten: Zeit ist kein Fertigmenü, Friede ist kein Fertigmenü, Gott ist kein Fertigmenü

 

Zeit ist kein Fertigmenü

Das Jahr 2022 mit seinen 365 Tagen geht zu Ende. Es war ein spannendes Jahr mit vielen Überraschungen. Wir legen diese 365 Tage zurück in Gottes Hand. Nun, was sind die Zutaten für eine gute Zeit: Zunächst sicher die Dankbarkeit für jeden neuen Tag. Es ist einfach ein Unterschied, ob ich den Tag beginne mit der Dankbarkeit, dass ich heute leben darf oder mit einem mürrischen Gesicht, dass ich heute so arm bin und viel tun muss.

 

In den letzten Jahren wird immer mehr von der „work-life-balance“ gesprochen, also dem Bemühen, dass Arbeit und Leben ein gutes Verhältnis haben und in Balance stehen. Vieles dabei ist wichtig, auch verbunden mit der Frage, was wirklich im Leben zählt und Halt hat. Gleichzeitig möchte ich heute die Frage aufwerfen: Steht Arbeit wirklich im Gegensatz zum Leben? Kann Arbeit nicht auch mein Leben bereichern und mithelfen, dass ich mit den Aufgaben wachse und darin viel Sinn finde. Ich jedenfalls kann das von mir sagen. Der oft selbstmitleidige Blick nach dem Motto „Geht’s mir heute wohl gut?“ oder „Ich muss auf mich schauen!“ verhindert oft auch den Blick auf das Gesamtwohl der Gesellschaft. Zeit und Leben sind mir auch dazu geschenkt, dass ich sie für andere verwende. Wo habe ich nicht nur meine Balance im Blick, sondern auch das Wohl der Welt?

 

Man nehme 12 Monate,
putze sie ganz sauber von Bitterkeit, Geiz, Pedanterie und Angst,
zerlege jeden Monat in 30 oder 31 Teile,

so dass der Vorrat genau für ein Jahr reicht.
Es wird jeden Tag einzeln angerichtet
aus einem Teil Arbeit und zwei Teilen Frohsinn und Humor.
Man füge drei gehäufte Esslöffel Optimismus hinzu,
einen Teelöffel Toleranz, ein Körnchen Ironie und eine Prise Takt.
Dann wird die Masse reichlich mit Liebe übergossen.
Das fertige Gericht schmücke man mit Sträußchen kleiner Aufmerksamkeiten und serviere es täglich mit Heiterkeit.  (Katharina Elisabeth Goethe)

Friede ist kein Fertigmenü

Eine Bekannte von mir war im November 4 Wochen lang in Kenia für einen Sozialeinsatz. Sie hat erzählt, dass sie dort von den Leuten oft folgende Rückmeldung bekommen hat: „Wie kann es sein, dass ihr im zivilisierten Europa noch Krieg führt, das ist doch keine Lösung? Wir haben gemeint, dass ihr von den Weltkriegen gelernt habt und keinen Krieg mehr führt.“ Diese Frage stelle auch ich mir immer wieder: Warum sind wir Menschen so blöd und führen Krieg? Wir wissen doch, dass es bei einem Krieg nur Verlierer gibt.

 

Nun, was sind die Zutaten für eine friedliche Gesellschaft und für den eigenen inneren Frieden:

  • Ich bin zutiefst überzeugt, dass es für eine friedliche Gesellschaft den Respekt vor dem andren benötigt, auch vor dem, was ich nicht verstehe. Es ist heilsam, sich ab und zu in andere Menschen hineinzuversetzen.
  • Eine wichtige Zutat zum Frieden ist sicher das Teilen. Es geht unter Geschwistern, in einer Familie, in einer Gesellschaft und in der Weltgemeinschaft nicht, dass einzelne sehr viel haben und andere nichts.
  • Dann ist es sicher das bewusste Verzeihen und gezielte Unterbrechen von Aggression, Streit und Gerüchten. Wir müssen das Unterbrechen ganz bewusst wagen und einüben, sonst werden wir Opfer unserer eigenen Teufelskreise und jener der Gesellschaft.

 

Gott ist kein Fertigmenü

Auch Gott ist kein Fertigmenü, das ich mir ab und zu bestelle und in die Mikrowelle der Frömmigkeit gebe. Nein, das würde Gott verharmlosen und ihm jede Kraft nehmen.

Eine Zutat für die Begegnung mit Gott ist sicher die Wachsamkeit. Ich habe heuer im Advent öfters gesagt: Advent ist für mich nicht so sehr die Zeit der Stille und des Kerzenlichtes, sondern der Wachsamkeit für Spuren Gottes in dieser Welt. Um den Kontakt mit Gott zu erleben und als Nahrung für Leib und Seele zu erfahren, benötigt es als Zutat sicher das Gebet. Ich habe diese Woche ein T-Shirt gesehen, wo vorne draufstand: „Connect to God“ verbunden mit den Zeichen vom w-lan Zeichen und darunter: the Passwort is prayer

 

Schick mir keinen Engel, der alle Dunkelheit bannt,

aber einen, der mir ein Licht anzündet.

Schick mir keinen Engel, der alle Antworten kennt,

aber einen, der mit mir die Fragen aushält.

Schick mir keinen Engel, der allen Schmerz wegzaubert,

aber einen, der mit mir Leiden aushält.

Schick mir keinen Engel, der mich über die Schwelle trägt,

aber einen, der in dunkler Stunde noch flüstert: Fürchte dich nicht.

Elisabeth Bernet

Details
  • Datum: 31. Dezember 2022
  • Prediger:
  • Bibelstelle: Lukas 2,16-21